Das Jiu-Jitsu ist eine der grundlegendsten Kampfkünste Japans, dessen Wurzeln in den gesellschaftlich bewegten und vielschichtig kriegerischen des alten Japan liegen. Wie viele der heutigen traditionellen Kampfkünste ist es im Laufe der Entwicklung der asiatischen Zivilisationen entstanden und in der heutigen Überlieferung von den japanischen Samurai des Mittelalters verfeinert und kultiviert worden.
Ursprünglich war das Jiu-Jitsu eine rein technische Form, deren einziger Sinn und Zweck es war, sich im Falle eines Angriffs erfolgreich zu wehren und neben den Waffenkünsten als Selbstverteidigung auf den mittelalterlichen Schlachtfeldern diente.
Wie beispielsweise auch in der Kunst der Schwertherstellung ist wahrscheinlich ein bedeutender Teil der Kenntnisse nach dem Zweiten Weltkrieg durch das Verbot der Ausführung und Weitergabe durch die Amerikaner verloren gegangen. Es war dann lange Zeit untrennbar mit dem Judo verbunden und ist bis heute fester Bestandteil der Ausbildung von Polizei, Grenzschutz, Zoll, Vollzugsbeamten.
Diese rein technische Ausrichtung wurde um 1882 durch Jigoro Kano grundlegend geändert. Er erweiterte sein neues Jiu-Jitsu, das er Judo nannte, um die ethischen und moralischen Grundsätze, die landläufig unter dem Begriff "Do" bekannt sind. Wie Ueshiba Morihei als Begründer des modernen Aikido steht auch Jigoro Kano als Gründer des Judo im engen Zusammenhang mit dem Jiu-Jitsu. Beide lebten zur gleichen Zeit und wurden maßgeblich durch Takeda Sokaku, dessen Wurzeln im Familienzweig der Minamoto-Samurai liegen, geprägt.
Der Ursprung der von Takeda gelehrten Grundtechniken wurden von mehreren Mitgliedern der Minamoto-Familie gegru?ndet, deren Anfänge aus der Kamakura-Zeit (1185 – 1333 n. Ch.) stammen. Später hatten die Takeda (Familienzweig der Minamoto) die Kampfmethoden perfektioniert und die verletzlichen Punkte des menschlichen Körpers definiert, die man treffen musste, um einen Gegner zu töten. So sind auch heute noch Bestandteile einiger Techniken im Zusammenhang mit dem Kenjutsu (Schwertkampfkunst) zu erkennen.
In erster Linie ist das heutige jedoch Jiu-Jitsu eine waffenlose Selbstverteidigungskunst. Der Verteidiger wehrt sich meist ohne Waffen gegen unterschiedliche Angriffe, wobei diese sowohl von einem unbewaffneten, bewaffneten oder auch mehreren Gegnern ausgehen können. Ziel ist es dabei, den Angriff oder die Angreifer unter eigene Kontrolle zu bringen oder ihn bzw. sie soweit kampfunfähig zu machen, dass keine weitere unmittelbare Gefahr mehr von ihm ausgeht. Dabei wird grundsätzlich versucht, die Abwehr ohne Hinzufügung unnötigen Schadens auszuüben.
Wie in den meisten Kampfkünsten bedient man sich eines Graduierungssystems aus farbigen Gürteln, die den technischen Stand und die Erfahrung des Jiu-Jitsuka widerspiegeln. Trainiert wird im Dojo (Trainingsstätte), das wie im Judo mit Matten ausgelegt ist. Die Bezeichnung der Techniken erfolgt in japanischen Begriffen.
Der Grundcharakter des Jiu-Jitsu ist rein defensiv. Daher beinhaltet es nur Verteidigungstechniken, die immer als Reaktion auf einen Angriff folgen.
Trotz seiner ständigen Weiterentwicklung in unserer heutigen Zeit ist das moderne Jiu-Jitsu tief in der japanischen Tradition verwurzelt. Etikette, gegenseitige Achtung und die Werte des Do stellen unverzichtbare Bestandteile dar, die auch in das Privatleben übertragen werden sollten.
Was diese Kunst so besonders macht, ist die Tatsache, dass es kaum fest vorgeschriebenen Techniken gibt. Vielmehr setzt sich das Jiu-Jitsu wie eine Art Baukasten zusammen, aus dem der Schüler diejenigen Elemente wählen kann, die ihm besonders liegen. So stehen dem Schüler adaptierte und auf die Belange des Jiu-Jitsu zugeschnittene Block-, Tritt-und Schlagtechniken wie beispielsweise im Karate oder Taekwondo, die Würfe, Fallschule, Würge- und Hebeltechniken wie im Judo und Aikido und verschiedenste Elemente aus unzähligen anderen Kampfkünsten zur Verfügung, aus denen er sich seine individuelle Verteidigungstechnik erstellen kann. Im Training lernt er, diese Einzelteile zu sinnvollen Technikfolgen zusammenzufügen und auf sich, seinen Körper und seine Mentalität abzustimmen.